• Frauen & * Podcast

    Engagement heute

    In der dritten Episode des Podcasts Frauen und * erzählt die emeritierte Informatik-Professorin Christiane Floyd, wie und warum sie sich heute in Äthiopien in einem Gesundheitsprojekt für gering literalisierte Frauen engagiert. Sie unterstützt dabei ein Team in Addis Abeba bei der Entwicklung einer Gesundheits-App für Frauen. Dabei wurde eine Art Bildsprache entwickelt, um den Frauen einen einfachen Zugang zu Informationen rund um das Thema Gesundheit zu bieten. Für Floyd ist es beglückend, dass in diesem Projekt partizipative Ansätze zur Anwendung kommen, die sie bereits in ihrer Zeit als Professorin an der TU-Berlin entwickelte.

    Verantwortung und Informatik

    In der zweiten Episode erzählt die damals erste Informatik-Professorin im deutschsprachigen Raum, Christiane Floyd, warum es für sie von Anfang an wichtig war, dass die Informatik immer auch im gesamtgesellschaftlichen Kontext gesehen wird. So engagierte sie sich bereits in den 1980er Jahren in der Datenschutzbewegung. Heute begrüßt sie die Datenschutzgrundverordnung und sieht doch die entscheidende Verantwortung beim Individuum, wie es mit seinen persönlichen Daten im Internet umgeht. Das Internet selbst wiederum ist für sie immer ein Spiegel der Gesellschaft – im Positiven wie im Negativen. Für die junge Generation fordert sie das Schulfach „Medienkompetenz“: „Nicht jeder Mensch muss programmieren lernen, aber wie man mit Websites umgeht, wie man Fake News erkennt, das würde ich von der ersten Klasse an in den Unterricht einbeziehen.“

    Pionierin der Informatik: Prof. Christiane Floyd

    In meinem Podcast Frauen & * kommt in der ersten Episode
    Frau Prof. Christiane Floyd zu Wort. Sie war die erste
    Professorin für Informatik im deutschsprachigen Raum. Die Pionierin in
    Sachen „user-centered design“ wurde mit ihren Gedanken zu
    prozessorientierter Software-Technik oftmals als unwissenschaftliche
    belächelt. Heute gelten ihre Ideen als Vorläufer von „open source“ und
    agilen Arbeitsweisen.
    In der ersten Episode erzählt sie, warum sie im Nachkriegsösterreich Mathematik und Philosophie studierte, wie sie in Deutschland bei Siemens mit Informatik in Berührung kam und warum der
    Aufenthalt an der Stanford University zu einer „zweiten Geburt“ für sie
    wurde.

Wer war die erste Mathematik-Professorin weltweit?

Bis heute ist das Wissen um weibliche Wissenschaftlerinnen oftmals eine große Leerstelle. Wie steinig ihr Weg in die Welt der Wissenschaft häufig war, zeigt einmal mehr die Biografie der russischen Mathematikerin Sofja Kowalewskaja (1850 – 1891).

An russischen Universitäten dürften Frauen damals noch nicht studieren. So ging Kowalewskaja eine Scheinehe ein, um das Land verlassen zu können. Aber auch in Wien, Heidelberg und Berlin war ihr ein Studium nicht möglich. Ab 1869 wurde sie zumindest als Gasthörerin an der Universität Heidelberg zugelassen und konnte so an Vorlesungen teilnehmen.

Es waren immer wieder einzelne Wissenschaftler, die Kowalewskaja mathematische Brillianz wahrnahmen und durch Fürsprachen ihr Vorankommen unterstützten. So setzte sich der Berliner Mathematiker Karl Weierstrass dafür ein, dass sie 1874 ihre Dissertation in Göttingen einreichen konnte. Zurück in Russland, wollte die frisch promovierte Wissenschaftlerin Mathematik lehren, aber auch dies wurde ihr nicht gestattet. So zog sie sich zunächst in ihr Privatleben zurück.

Im Jahr 1883 erhielt Kowalewskaja mit Unterstützung des Schweden Magnus Gösta Mittag-Leffler die Möglichkeit an der Universität Stockholm zu lehren. Später wurde ihre Stelle in eine ordentliche Professur auf Lebenszeit umgewandelt.

Welche Hürden die Mathematikerin nehmen musste, um überhaupt studieren zu dürfen, und welche Steine ihr in Weg gelegt wurden, erzählen die Historiker Daniel Meßner und Richard Hemmer in ihrem wunderbaren Podcast „Geschichten aus der Geschichte“ in der Folge 375: https://www.geschichte.fm/archiv/gag375/

Digitale Courage: Datenschützerin Rena Tangens im Portrait

Die Vorratsdatenspeicherung, der maschinenlesbare Personalausweis, die E- Gesundheitsakte – mit diesen Themen haben Datenschützer*innen tagtäglich und manchmal über Jahrzehnte zu tun – darunter auch Rena Tangens. Aktuell fordert sie gemeinsam mit ihrem Verein „Digitalcourage“, einen europäischen Suchindex aufzubauen, um alternative Suchmaschinen zu Google in Europa entwickeln zu können.

In meinem Portrait, das bei irights.info erschienen ist, erzählt sie aber auch, wie sie sich in den 1980er Jahren für die neuen Möglichkeiten der Computer- und Internettechnik begeisterte, Technik, Datenschutz und Kunst zusammendachte und im männerdominierten Chaos Computer Club ein Frauennetzwerk gründete.

Heldinnengeschichte aus dem Weltraum

Als kürzlich die amerikanische Weltraumkapsel „SpaceX“ im Meer landete, hatte ich erstmals eine Vorstellung davon, welche Phasen der Landung die Raumfahrer seit der Abkoppelung von der ISS hinter sich hatten. Und das verdanke ich Samantha Cristoforettis Buch „Die lange Reise. Tagebuch einer Astronautin“. Darin schildert sie eindrücklich ihren Weg vom Kindheitstraum, Astronautin zu werden, bis hin zu dessen Umsetzung im Jahr 2014/2015. Das macht sie allgemeinverständlich und gleichzeitig mit einer Akribie, die wohl nur von einem enormen Fachwissen in Kombination mit einer immensen Leidenschaft für ihr Sujet herrühren kann.

Cristoforetti setzte sich gegen über 8.000 Konkurent*innen durch
Und davon brauchte Cristoforetti, deren Ausbildung einer Art „Langstreckenlauf“ gleicht, besonders viel. Die wichtigsten Stationen dürften das Ingenieursstudium in Deutschland, Praktika in Russland, der Eintritt in die italienische Luftwaffe und eine Ausbildung zur Kampfpilotin dort sowie das ESA-Auswahlverfahren als Astronautin gewesen sein. Bei letzterem setzte sie sich gegen über 8.000 Mitbewerber*innen durch.

Nur indirekt Kritik an struktureller Diskriminierung
Inwiefern sie es auf diesem Weg als Frau schwerer hatte als ihre männlichen Kollegen, diese Frage umschifft Cristoforetti diplomatisch und lässt höchstens verlauten, Frauen werde Mittelmäßigkeit seltener verziehen als Männern. Auch dass sie etwa die Kampfpilotinnen-Ausbildung nur durch eine Gesetzesänderung in Kombination mit einer Ausnahmeregelung absolvieren konnte, wertet sie im Nachhinein als Vorteil für sich selbst. Auf subjektiver Ebene ist dies ja durchaus eine konstruktive Eigenschaft, Umwege aufgrund von Benachteiligungen im Nachhinein positive Aspekte abzugewinnen. Kritik an struktureller Diskriminierung kommt so aber höchstens indirekt zum Ausdruck.

Null-Summen-Spiel
Vielleicht ist Cristoforetti diesbezüglich so vorsichtig, weil sie gerne noch einmal ganz nach oben, also in den Weltraum, möchte. Auch an anderer Stelle scheint es, dass sie kritische Aussagen vermeidet: Wahrscheinlich, so mutmaßt sie, hätten die Nachteile, die sie als Frau in der Raumfahrt erfahren habe, die Vorteile genau ausgeglichen. Ein Null-Summen-Spiel.

Neue Heldinnen und Role-Models
Und trotzdem wünscht man dem Buch viele (junge) Leser*innen. Wahrscheinlich werden die wenigsten von ihnen tatsächlich Astronautinnen, genauso wenig, wie die wenigsten ihrer Leser tatsächlich Astronauten werden. Die Tradition der „Heldengeschichten“ jedoch ist eine lange, die der „Heldinnen“ eine noch sehr kurze. Hier also eine faktenreiche „Heldinnengeschichte“ aus der Raumfahrt. Role-Modells vermitteln ja immer auch eine Vorstellung davon, was möglich ist.

Intelligente und warmherzige Erzählerin
Mich selbst hatte die Raumfahrt bis dahin offen gestanden nie sonderlich interessiert. Es bedürfte einer Samantha Cristoforetti, die in einer Talkshow höchst interessant, intelligent und gleichzeitig unglaublich warmherzig von ihrer Mission berichtete – eine seltene Mischung!

Kopfüber wie eine Fledermaus an der Decke essen
Am besten gefiel mir übrigens die Stelle im Buch, an der sie erzählt, wie sie im Weltraum am liebsten an der Decke kopfüber, vergleichbar mit einer Fledermaus, ihr Essen zu sich nahm. Einfach, weil es dort möglich war. An solchen Stellen lugt Cristoforettis Humor hervor. Sie hat ihn sich trotz aller Anstrengungen und Arbeit erhalten.

Von Christine Müller (www.cmuellerberlin.de)

„Datenschutz muss immer wieder neu erkämpft werden“

Unter dem Titel „Datenschutz muss immer wieder neu erkämpft werden“ ist mein Portrait der Informatik-Professorin Christiane Floyd auf irights.info erschienen:

„Die Informatik-Pionierin Christiane Floyd setzte sich bereits in den 1970ern für Datenschutz und „informationelle Selbstbestimmung“ ein. Auch ihren Prinzipien zu partizipativer Software-Entwicklung blieb sie bis heute treu.“

Zum Portrait

Hallo!

Herzlich Willkommen zu meinem Podcast Frauen und *

Ich spreche darin mit Frauen, die bereits auf einen längeren Berufs- und Lebensweg zurückblicken können und so ihre Erfahrungen weitergeben. Dabei geht es sowohl um die Arbeitsgebiete der jeweiligen Frauen als auch um die Strukturen, in denen sie Karriere machten. Auch biographische Bezüge spielen immer wieder eine Rolle. Bis heute sind diese Geschichten von Frauen in der öffentlichen Wahrnehmung oftmals unterrepräsentiert. Hier kommen einige von ihnen zu Wort.

Spannende Entdeckungen wünscht euch

Christine Müller